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Vom Lummerland bis Phantasien - Michael Ende Intermedial
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Filmmuseum Düsseldorf

Michael Ende wird 1929 als Sohn von Edgar Ende und Luise Bartholomä in Garmisch geboren. Seine Eltern ziehen kurz nach der Geburt in den Münchener Stadtteil Schwabing. Endes Vater ist ein surrealistischer Maler, der – genau wie die Mutter – ein sehr großes Interesse an Philosophie, Religion und Mythologie zeigt. So werden bereits in seiner frühesten Kindheit die Weichen für den Künstler Michael Ende gestellt. Die Tatsache, dass er bis zu seinem vierten Lebensjahr unter einem riesigen Glasdach und somit direkt unter dem Sternenzelt schläft, dürfte zu seinem phantastischen Weltbild beigetragen haben. Michael Ende wächst in einer Umgebung auf, in der ideologisches und künstlerisches Gedankengut einen weitaus höheren Stellenwert einnehmen als materielle Güter.

Seine Schulzeit auf dem humanistischen Maximilians-Gymnasium, das er seit 1940 besucht, beschreibt Ende rückblickend als eine „einzige Katastrophe“, in der er jeden Tag wie einen Gefängnisaufenthalt empfindet. Als am 24. Juli 1943 mit der „Operation Gomorrha“ die Bombardierung Hamburgs beginnt, befindet sich der junge Michael mitten im Kriegsgeschehen. Edgar Ende und dessen Bruder schicken ihn umgehend nach München zurück. Im Zug schreibt der junge Michael sein erstes Gedicht. Die letzten zwei Schuljahre verbringt Ende auf der Freien Waldorfschule in Stuttgart, wo er Gelegenheit hat, sich genauer mit dem anthroposophischen Weltbild Steiners auseinander zu setzen. Außerdem kommt er hier besonders mit expressionistischen Autoren wie Else Lasker-Schüler, Georg Trakl oder Stefan George in Berührung. Sein Sonett „Der Gaukler“ erscheint 1947 in der Esslinger Zeitung und ist somit das erste Werk Endes, welches veröffentlicht wurde. Gerade die Welt des Zirkus fasziniert ihn, deren Artisten seine Vorstellungen über die Aufgabe der Kunst widerspiegeln.

Kurze Karriere als Schauspieler

Direkt im Anschluss an seine Schulzeit beginnt Ende 1948 eine Ausbildung zum Schauspieler an der Münchener Otto-Falckenberg-Schule, von der er sich erhofft, seine Fähigkeiten als Autor von Theaterstücken ausbauen zu können. Nach Abschluss der Ausbildung folgt eine eher frustrierende Zeit als Schauspieler kleiner Rollen auf Norddeutschen Bühnen. Von 1954 bis 1962 ist Ende als Filmkritiker beim Bayrischen Rundfunk tätig. Nebenbei versucht er sich weiterhin an seinem Traum, erfolgreiche Theaterstücke zu schreiben. In dieser Zeit trifft er auch auf sein großes Vorbild Bert Brecht, von dem er jedoch stark enttäuscht wird. Später wird er mit Brechts Vorstellungen vom dramatischen Theater brechen.

Ende steht vor einer künstlerischen Sackgasse, bis ihn ein befreundeter Graphiker um einige Seiten Text für sein Bilderbuch bittet. Der Satz „Das Land, in dem Lukas der Lokomotivführer lebte, war nur sehr klein“ inspiriert Ende zu einem der bekanntesten und erfolgreichsten Kinderbücher der deutschen Literatur. Mehr als zehn Verlage lehnen das 500 Seiten lange Manuskript mit den Worten, Kinder würden nicht so lange Bücher lesen, ab. Schließlich erscheint 1960 „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ im K. Thienemann Verlag. Michael Ende erhält für dieses Werk den Deutschen Jugendbuchpreis.

Zu dieser Zeit entwickelt sich eine Freundschaft zwischen Michael Ende und der Familie Weitbrecht, die den Thienemann Verlag leitet. So erscheint bereits 1962 das Buch „Jim Knopf und die Wilde 13“, das sehr erfolgreich vom Hessischen Rundfunk und der Augsburger Puppenkiste für eine Fernsehserie umgesetzt wird. Den Graphiker, der den Anstoß für das Kinderbuch gab, hat Michael Ende nie wieder gesehen.

Trotz seines großen Erfolgs, wird Michael Ende in Deutschland nicht als literarischer Autor ernst genommen. In der deutschen Literatur, die zu dieser Zeit vor allem politisch belehren wollte, finden Endes phantasievolle Geschichte keinen Platz und werden als reine Kinderliteratur bewertet. Daher entschließen sich Ende und seine Freundin Ingeborg Hoffmann, nach Italien zu ziehen, wo sie in den Bergen von Genzano eine Villa bewohnen, die sie „Villa Liocorno“ (Einhorn) nennen. Genzano liegt 30km südlich von Rom, wo Michael Ende und Ingeborg Hoffmann 1964 heiraten. Im folgenden Jahr erliegt Edgar Ende einem Herzinfarkt. Michael Ende, der zeitlebens ein sehr vertrautes Verhältnis zu seinem Vater hatte, widmet diesem im Jahr 1983 sein Werk „Der Spiegel im Spiegel“.

Arbeit an Momo

In Italien entsteht in sechs Jahren Arbeit Endes bedeutender Roman „Momo“, dessen Welt und Wirkung sehr stark von der römischen Kultur und Lebensweise geprägt sind. Die Idee für den Roman bekommt Ende durch ein Geschenk, bei dem es sich um eine kaputte Taschenuhr ohne Zeiger handelt. Die lange Entstehungszeit des Buches lässt sich anhand Endes Arbeitsweise erklären: Er sinnt immer wieder über das Geschriebene nach, legt es beiseite und wartet, zum Teil sehr lange, auf künstlerische Eingebungen. Der Roman erscheint schließlich 1972 in Stuttgart und wird zu einem seiner weltweit bekanntesten und meistverkauften Werke. 1974 erhält „Momo“ den deutschen und europäischen Jugendbuchpreis. Mit der Filmversion, die 1986 erscheint ist er zwar einverstanden, aber nicht wirklich davon überzeugt.

In „Gauklermärchen“, das 1976 erscheint, befasst sich Ende wieder mit dem Thema Theater. Inhaltlich setzt sich das Stück damit auseinander, was Kunst eigentlich soll oder kann. 1977 wendet sich der Thienemann Verlag an Ende mit der Bitte, ein neues Buch zu schreiben. Ende erprobt eine Idee über einen Jungen, der eine Geschichte zu lesen beginnt und sich plötzlich selbst in ihr wiederfindet. Der Roman soll innerhalb von drei Monaten fertig sein und knapp 100 Seiten füllen. Doch entwickelt sich die Geschichte in eine ganz andere Richtung: Immer neue Einfälle begleiten Ende bei seiner Arbeit, bis er selbst verzweifelt den Weg aus Phantásien sucht. Seine rettende Idee: Das Auryn selbst soll der Schlüssel zu beiden Welten werden. Selbst die Umstände, unter denen Ende sein Buch verfasst, scheinen dramatisch: 1978/79 herrscht ein ungewöhnlich kalter Winter, der sogar die Wasserleitungen der Villa platzen lässt. Ende schreibt an der „unendlichen Geschichte“ eingehüllt in klamme Decken in einem unerträglich kaltem Haus.

Ärger um die Filmadaption

1979 wird der Roman nach 3 Jahren Arbeit veröffentlicht. Das Buch verkaufte sich etwa zehn Millionen mal und wurde in 40 Sprachen übersetzt. Als 1980 die Filmrechte an die Neue Constantin verkauft werden, beginnt für Ende jedoch ein unendliches Ärgernis. Nach zahlreichen Unstimmigkeiten zwischen ihm und dem Produzenten wird der Film 1984 zum ersten Mal gezeigt. Michael Ende ist von dem Ergebnis der Dreharbeiten entsetzt und zieht unverzüglich seinen Namen von dem Projekt zurück. Ende fühlt sich von der Filmgesellschaft betrogen und in seiner Ehre als Schriftsteller verletzt. In einem Interview vergleicht er den Elfenbeinturm mit einem Fernsehturm und das Zimmer der Kaiserin mit einem Nachtclub. Jeglicher Zauber und Geheimnisse der Geschichte wurden aus Endes Sicht im Film zur Unkenntlichkeit banalisiert und verkitscht. Den Prozess gegen die Filmgesellschaft, der Ende viel Kraft und Nerven kostete, konnte er nicht gewinnen.

In den folgenden Jahren befasst sich Ende wieder mit politischen und gesellschaftlichen Themen. Phantasie/Kultur/Politik wird 1985 veröffentlicht und beschäftigt sich kritisch mit wirtschaftlichen und sozialen Problemen der Zeit.

Mit dem befreundeten Komponisten Wilfried Hiller entwickelt Ende, im Auftrag des Münchener Staatstheaters, die Oper "Der Goggolori". Nach der ersten Aufführung am 3. Februar 1985 zeigt sich, wie erfolgreich diese Zusammenarbeit zu bewerten war. Der Goggolori wird zu einer der meist aufgeführten Opern in der deutschen Nachkriegszeit. Allerdings trifft Ende im März des Jahres 1985 ein schwerer Schicksalsschlag. Seine Frau Ingeborg Hoffmann stirbt an einer Lungenembolie, drei Tage, nachdem sie die Verfilmung der unendlichen Geschichte gesehen hat. Michael Ende kehrt nach 15 Jahren seiner literarischen Heimat Italien den Rücken und zieht zurück nach München, wo er wieder Kontakt zu alten Freunden aufnimmt.

Die letzten Jahre

1989 heiratet Ende die Japanerin Marito Santo, die einige seiner Werke wie „Momo“ und die „unendliche Geschichte“ ins Japanische übersetzt hatte. Diese Bücher waren in Japan sehr gefragt, da die dortige Bevölkerung gerade für Endes Industrie- und Sozialkritik empfänglich war. Michael Ende, der stets ein Bewunderer der japanischen Kultur aus Tradition und moderner Technik gewesen ist, reist mehrmals mit seiner zweiten Frau durch das Land.

Außerdem wird 1989 der neue Roman „Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“ veröffentlicht, der schnell hohe Verkaufszahlen im In- und Ausland verzeichnet. Die kommenden Jahre sind von zahlreichen Reisen und neuen Aufgaben geprägt. So spricht Ende beispielsweise in einer japanischen Dokumentation über Einstein vor und veröffentlicht das Theaterstück „Traumfresserchen“ am Bremer Theater. Außerdem wird 1990 seine Biographie veröffentlicht, geschrieben von einem seiner ältesten Freunde, Peter Boccarius. 1994 publiziert Ende selbst sein Buch „Michael Endes Zettelkasten“, in dem allerhand Gedichte, Notizen, Essays und Märchen zu finden sind. Ende gibt hier zum ersten Mal persönliche Gedanken und Erlebnisse preis. Sein Werk „Manomella und der Geist in der Flasche“, welches er im Auftrag des Prinzregententheaters München 1995 beginnt, wird jedoch nie fertig gestellt.

Bereits 1994 muss sich Ende einer ersten Krebsoperation unterziehen und wird bis zum Januar 1995 chemotherapiert. Allerdings ist die Krankheit schon zu weit fortgeschritten und kann nicht mehr aufgehalten werden. So stirbt Michael Ende am 28. August 1995 in der Filderklinik bei Stuttgart. Beerdigt wird er auf dem Waldfriedhof in München, sein Grab ziert ein großes Bronzebuch, dem einige der Figuren seiner Werke entspringen.

Michael Ende hinterlässt der Welt einen mannigfaltigen Fundus an phantastischen Geschichten, deren sozialkritischer Hintergrund heute aktueller ist denn je. Seine verträumten und geheimnisvollen Erzählungen faszinieren die Menschen weltweit noch 15 Jahre nach seinem Tod. Nicht zuletzt zeigt sich dieser Umstand an einer aktuellen Werbekampagne eines bekannten Versicherungsunternehmens, welches in einem Werbespot mit Anspielungen an „Momo“ seine Kunden ansprechen will.
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